Ich hatte mal eine Supervisandin, die von ihrer Vorgesetzten weder akzeptiert und respektiert wurde. Das äußerte sich im schlimmsten Fall so, dass die Klientin dermaßen unter Druck stand, dass sie nur noch „funktionierte“ immer mit dem Fokus darauf, keine „Angriffsfläche“ für die Vorgesetzte zu bieten bzw. kein Fehler zu machen, damit sie keine Abmahnungen bekommt.
Das eine erstmal Vorweg dazu: wenn eine Person – in diesem Falle die Vorgesetzte – mir bereits mehrmals zu verstehen gegeben hat, dass – ich formuliere es jetzt mal wie folgt „meine Anwesenheit bei der Arbeit - aus welchen Gründen auch immer - nicht erwünscht ist“, dann habe ich folgende Möglichkeiten:
1. Ich versuche es der bzw. dem Vorgesetzen irgendwie „recht“ zu machen, so dass ich möglichst keinen Anlass zur Beschwerde biete.
2. Ich frage mich, was wohl die Ursache / die möglichen Ursachen sein können.
3. Ich bitte die Vorgesetzte um ein Gespräch, um zu verstehen, welche Probleme es gibt.
Dies sind lediglich 3 Möglichkeiten dieses Anliegen zu bewältigen und es gibt sicher noch mehr.
In so einer Situation, in der es zunächst erscheint, als ob ich keine Möglichkeiten habe aktiv etwas zu verändern bzw. zu unternehmen, weil ich der Vorgesetzen ja nicht einimpfen kann, dass sie mich zumindest mal mögen soll oder vielleicht eher meine Arbeit und die Ergebnisse meiner Arbeit anstelle meiner Person bewerten soll, ist Selbstreflexion eine sehr empfehlenswerte Sache.
Definition von Selbstreflexion laut Duden:
„Die sogenannte Selbstreflexion ist eine Form der bewussten Selbstwahrnehmung oder Selbstbeobachtung. Selbstreflexion bedeutet, das eigene Denken, Fühlen und Handeln zu hinterfragen und zu analysieren, zum Beispiel auf eine bestimmte Situation bezogen.“
Diese bewusste Selbstwahrnehmung und Selbstbeobachtung, ist hilfreich, um für oben geschildertes Anliegen eine Haltung und eine eigene Umgangsform bzw. „meine“ eigene Methode für einen für mich akzeptablen Umgang damit zu finden. Es fördert die Kreativität, lösungsorientiertes Denken und den bewussten „Austritt“ aus der „Opferrolle“.
Es gibt – in Bezug auf das Arbeitsleben in diesem Fall – eine Haltung, die das Bewusstsein schärft. Ich kenne sie unter der „love it“, „leave it“, „change it“ – Haltung.
Das heißt in der Praxis:
Ich gucke mir die Situation wie folgt an: Mag ich meine Aufgabe, meinen Job bzw. liebe ich das, was ich beruflich mache? Wenn ja, ist alles ok – falls nein, sollte ich etwas ändern.
Kann ich an meiner Situation etwas ändern? Falls ja, wie kann die Veränderung aussehen? Falls nein, sollte ich meine Energien nicht auf etwas verwenden, was ich nicht ändern kann (siehe Energieräuber). Also lasse ich es so wie es ist „leave it“ und richte mir die Situation so ein, dass ich „damit leben“ und umgehen kann, aber auf eine bewusste Art und Weise.
Wenn ich an meiner Situation etwas ändern kann, stellt sich die Frage, was kann und was will ich ändern?
Mit dieser Haltung richte ich meine Wahrnehmung darauf, wie es mir mit einem bestimmten Sachverhalt geht, das ist der erste wichtige Schritt. Darüber hinaus übernehme ich in dem Moment auch die Verantwortung für mich und mein Leben bzw. dafür, was ich zukünftig ändern möchte, damit es mir besser geht. Außerdem habe ich eine aktive und verantwortungsvolle Haltung zu mir und dem Anliegen.
Schließlich ist es wichtig, wenn ich einige Optionen durchgespielt habe, mir einen Plan zu machen, was die nächsten Schritte sind, um mein Ziel, welches ich in diesem Zusammenhang ebenfalls festlege, zu erreichen.
Zurück zu meiner Klientin. Sie war so in ihrem Verhaltenstrott eingebettet, keine Fehler zu machen und es der Vorgesetzen recht zu machen – was definitiv nicht möglich war, geschweige denn möglich ist -, dass Sie sich nicht mehr um ihre eignen wichtigen Belange gekümmert hat und natürlich erst recht Fehler gemacht hat, da sie total nervös und mit den Nerven am Ende war.
Wir sind daraufhin Fragen durchgegangen wie z.B.:
• Unabhängig von Ihrer Vorgesetzen, mögen Sie das, was sie tun? Lieben Sie ihren Beruf?
• Was ist Ihnen bei Ihrer Arbeit wichtig? Wofür treten Sie an?
• Welche Aufgaben würden Sie innerhalb des Unternehmens / der Organisation auch einmal machen wollen, worauf hätten Sie Lust?
• Was würde es Ihrer Meinung nach brauchen, damit Sie diese Aufgaben wahrnehmen können?
• Welche Möglichkeiten gibt es, kurzfristig Ihre Situation angenehmer zu machen?
• Wie denken Sie über Ihre Vorgesetzte? Haben Sie eine Idee, warum dieses Verhältnis so ist, wie es derzeit ist?
• Was fühlen Sie, wenn es zu Konflikten mit Ihrer Vorgesetzen kommt?
• Was können Sie im nächsten Gespräch mit der Vorgesetzen anders machen?
Ihr seht, es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, diese Dinge zu sehen und mit der Situation umzugehen.
Also Learning des Tages:
Wenn ich mich dem Problem / Anliegen stelle und ich mir dazu die „richtigen“ Fragen stelle – oder mir eine Supervisorin nehme, mit der ich die Situation beleuchte - habe ich zumindest eine Wahlmöglichkeit, mir das Leben kurzfristig und für die Zukunft etwas leichter zu machen.
Selbstreflexion hilft dabei zu recherchieren: Was ist mir wirklich wichtig? Wieso bin ich so, wie ich bin? Was wünsche ich mir? Was kann ich machen, damit es mir etwas besser geht, damit ich zu einer Lösung und Entscheidung komme.
Dann gehe ich erleichtert weiter: Reisen mit „leichtem“ Gepäck, weil die Blockade aufgehoben ist!